01] Der Bruder A. möchte wissen, wie sich der Übertritt aus
dem materiellen ins geistige oder sogenannte jenseitige
Leben gestaltet, besonders bei den weltlich Großen.
02] Dieser Übertritt ist sehr leicht und ganz natürlich zu beschreiben.
03] Siehe, welchen Unterschied macht wohl das Wasser, so entweder ein großer oder ein armer, unbeachteter Mensch hineinfällt? Höre, beide ertrinken auf die ganz gleiche Weise! Oder welchen Unterschied macht das Feuer? Höre, es verzehrt den Kaiser so gut wie den Bettler!
04]
Wenn ein Bettler und ein Minister oder Kaiser von einem
Turme fielen zur selben Zeit, so wird der eine so gut wie
der andere seinen Tod finden durch den jähen Fall.
05]
Welchen Unterschied wohl macht das Grab zwischen
groß und klein, zwischen reich und arm, zwischen schön
und häßlich oder jung und alt? Siehe, gar keinen! Alles
verwest und wird zum Unflate der Würmer und endlich
zum nichtigsten Staub.
06]
Wie es aber dem Leib im Reiche der sogenannten Naturkräfte ergeht, ebenso ergeht es auch der Seele im Reiche der Geister. Ob sie auf der Welt Bettler oder Kaiser war,
das ist im Geisterreich vollkommen gleich. Da wird niemandem eine sogenannte Extrawurst gebraten, auf daß niemandes Eigendünkel genährt werde und der Große nicht
mehr von seiner Größe und der Arme nicht mehr von dem
Anspruch aufs Himmelreich - da er auf der Welt viel Not
gelitten - und der Fromme nicht mehr von seinem »Verdienst ums Himmelreich« geblendet werde. Wie aber schon
öfter gesagt, drüben - wohlverstanden! - drüben gilt nichts
als nur die reine Liebe.
07] Alles andere aber ist wie ins Meer geworfene Steine, wo der Diamant gleich dem gemeinsten Sandstein in den ewigen, stinkenden Schlamm versinkt. In sich bleiben sie zwar wohl, was sie sind und was sie waren außerhalb des Meeres, aber das Los beider ist gleich, höchstens mit dem Unterschied, daß der Sandstein eher aufgelöst wird als der Diamant.
08]
Also ist es jenseits auch mit dem diesweltlichen Adel oder
mit der diesweltlichen Geringheit. Diese werden sich im
Meeresschlamme der unerbittlichen Ewigkeit wohl in ihrer
Einbildung noch lange als das dünken, was sie auf der Welt
waren. Der Kaiser wird dort sich noch als Kaiser dünken
und der Bettler - mit dem Anspruch auf Vergeltung - als
Bettler. Aber dessenungeachtet werden in der großen Wirklichkeit dennoch beide miteinander im Meeresschlamme der Ewigkeit ein gleiches Los teilen. Nur düfte der Arme eher
in die Gärung kommen - und sein Wesen daher auch eher
von den wahren, innersten Demutsbläschen angefüllt werden, die ihn dann aus dem Schlamme ziehen und hinauftragen zum ewigen Licht und Leben - als der Kaiser oder
ein sonstiger Weltgroßer.
09]
Nach diesem Muster oder nach dieser Kardinalregel könnt ihr den Hintritt eines jeden Menschen genau beurteilen. Haltet euch daher an die Liebe, auf daß ihr dereinst
nicht des allgemeinen Loses teilhaftig werdet! Amen.
Amen. Amen.