Jakob Lorber: "Bischof Martin - Die Entwicklung einer Seele im Jenseits"

150. Kapitel: Jesu liebweise Verhaltungsregeln an Martin - Winke über die inneren Vorgänge bei den drei Schönen - Martins selbstverächtlicher Ärger und Jesu beruhigende Worte

   01] Rede Ich: »Mein lieber Martin, dein Wille und dein Mut sind überaus gut und alles Lobes wert. Aber nur mußt du dir nie im Feuer - wenn auch eines gerechten Ärgers - etwas zu tun vornehmen, bevor du den wahren Grund durchschaut hast, aus dem du wie ein Löwe mit tausend Schwertern kämpfen möchtest!
   02] Siehe, Ich habe dich ehedem zu einem Fischmeister dieser Welt ernannt, und das wirst du auch verbleiben. Und deine von Petrus angebotene Heldenkrone wird dir auch bleiben, weil du hier wirklich ganz meisterlich dich benommen hast. Denn wie dir Mein Bruder Petrus selbst bemerkt hat, ist es äußerst schwer, diese Wesen dahin zu bringen, wohin du sie - wennschon durch Meine Kraft in dir - gebracht hast.
   03] Glaube ja nicht, daß diese drei nun, weil sie von Mir notwendigerweise etwas zurückgedrängt wurden, der Liebe in ihrem Herzen laut ihrer langen Wahrheitsrede entsagt haben! Hätten sie das, da hätten sie uns nimmer ihnen zu folgen geheißen und hätten auch nicht so viele Worte an uns gerichtet; denn ihre Weisheit ist sonst sehr einsilbig.
   04] Aber weil eben ihr Herz heimlich an uns gar mächtig hängen blieb, so hatten sie viele Worte und wären noch lange nicht fertig, so wir ihnen etwas eingewendet hätten. Da wir sie aber reden ließen, wie ihnen die Zunge gewachsen ist, so mußten sie endlich fertig werden. Ich sage dir, sie schieden heimlich mit überaus schwerem Herzen von uns und können nun nicht erwarten, bis wir ihnen nachkämen. Wie du selbst sehen wirst, werden sie uns auch gleich wieder entgegenkommen bis hierher, darum wir auch ein wenig hier verharren!
   05] Es wäre daher sehr unbillig, so wir sie nach ihrer früheren, rein aus Eifersucht hervorgehenden Rede beurteilen wollten, - welche Eifersucht eben die neuerwachte Liebe in ihnen erzeugt hat! Sie sahen, daß uns ihre Schönheit gewisserart kalt läßt und sie bei uns sich weder durch ihre Schönheit, noch durch ihre heftige Liebe recht beliebt machen können. Daher nahmen sie zu einer gutmütigen Weisheit Zuflucht und wollen sich uns soviel als möglich nützlich erweisen.
   06] Sage nun selbst: wäre es wohl löblich, so du sie als ein Löwe mit tausend glühendsten Schwertern bekämpfen möchtest? Denke darüber selbst ein wenig nach und sage Mir, ob sich die Sache nicht so verhält!a
   07] Martin denkt hier, große Augen machend, ganz ernstlich nach und spricht nach einer Weile: »Ja, ja, ganz überaus bestimmt ja! Es ist richtig also! O ich Vieh, ich dümmster Esel und Ochse zugleich, vielleicht der einzige auf dieser großen, lichten, besseren Erde!
   08] Wo habe ich denn um Deines heiligsten Namens willen meine Augen, meine langen Ohren, meine Sinne überhaupt gehabt? Nein, wenn ich nun nur so einen recht festen Knittel bei der Hand hätte, um mir meinen dümmsten Hirnkasten tüchtig durchzuklopfen, da geschähe es mir ordentlich leichter!
   09] Diese allerliebsten liebenden Herzerln wollte ich - nein, ich mag es gar nicht aussprechen, denn es ist zu dumm! Richtig, dort kommen sie schon wieder über eine kleine Anhöhe herab! O ihr allerliebsten Kinderchen, kommt nur, kommt nur! Diesmal sollt ihr schon besser empfangen werden!
   10] Was soll ich aber nur tun, um meinen eselhaft großen Fehler wieder gutzumachen? Wahrscheinlich werden sie es aufs Haar wissen, was alles ich zu Dir über sie geredet habe! Oh, das wird schon wieder eine herrliche Wäsche abgeben!«
   11] Rede Ich: »Martin, sei du weder auf der einen, noch auf der anderen Seite zu hitzig, so wird alles gut gehen! Denke an den Unterricht, wie man sich hier zu benehmen hat - nämlich voll Liebe mit äußerem Ernste, dann wirst du stets der gleiche Sieger bleiben und ein Meister der Fischerei in den Gewässern der Sonne! Nun also nur ernst, denn sie sind schon wieder ziemlich nahe!«
   12] Spricht Martin: »O Herr, gib mir doch ein wenig mehr Ein- und Durchsicht, auf daß ich in der Folge besser urteile, wenn die drei Herrlichsten mir wieder mit ihrer frappanten Weisheit kämen! Sonst stehe ich nicht gut, ob ich nicht wieder einen Haupteselsstreich begehe!«
   13] Sage Ich: »Kümmere dich dessen nicht, denn gerade so, wie du bist, kannst du Mir hier mehr dienen als Petrus und Johannes, deren Sehe in alle Geheimnisse dieser Welt reicht! Denn wer schon im voraus weiß, was seine Mühe für Früchte tragen wird zufolge der Ordnung dieser Welt, der getraut sich nicht so viel zu unternehmen wie einer, der zufolge seiner nicht so klaren Sehe diese Wesen mehr nach der Ordnung seiner eigenen Welt behandelt. Daher bleibe du nur wie du bist, und du wirst so am meisten wirken können!
   14] Diese Menschen verlieren auch bald die Lust zu einem Geiste, so sie merken, daß er ihnen an Weisheit gleichkommt oder, wie es bei Petrus und Johannes der Fall ist, ihnen bei weitem überlegen ist. Da werden sie außerordentlich spitzig und ziehen sich dann sehr zurück. Aber so sie mit einem, wie du es bist, zu tun haben, sind sie die zuvorkommendsten Wesen, die du nur zu finden vermagst, und sind dann auch sozusagen um einen Finger zu wickeln. Daher sei, wie du bist, so wirst du Mir hier am besten dienen können! Aber nun nur stille, sie kommen schon ganz zu uns!


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